Joy Spence gilt als die feinste Nase von Jamaika. Die Master Blenderin war zu Besuch bei der Paul Ullrich AG und hat uns alles rund um den jamaikanischen Rum verraten.

Im Mai 2017 fand in Luzern das Gin & Rum Festival statt. Wir waren vor Ort und hatten hohen Besuch: Joy Spence, Master Blenderin von Appleton Estate in Jamaika, besuchte auch unseren Stand. Für das Magazin Genuss stand sie uns Rede und Antwort.

Joy Spence, Master Blenderin von Appleton Estate

Joy Spence ist in Jamaika geboren. Sie studierte analytische Chemie an der University of the West Indies in Kingston und in Loughborough, Grossbritannien. 1981 kam sie als Chefchemikerin zu Appleton Estate, seit 1997 ist sie Master Blenderin des Unternehmens. 2005 ehrte die jamaikanische Regierung Joy Spence für ihre herausragenden Leistungen in der Industrie mit einem Offiziersrang.

Frau Spence, danke, dass Sie sich für uns Zeit nehmen. Haben Sie schon etwas gesehen von der Schweiz?

Danke. Ja, ich bin das dritte Mal hier. Ich war schon in Zürich und Genf, und nun bin ich in Luzern. Ich geniesse es immer hier, aber es ist schon ein bisschen kühler als bei uns in Jamaika.

Was sagen Sie zu Produkten, die Zusatzstoffe wie Zucker, Karamell oder Farbstoffe enthalten?

In Jamaika sind unsere Vorschriften sehr streng, ähnlich wie für Whisky in Schottland. Es sind nur natürliche Zutaten erlaubt. Alle Zusätze, auch Fruchtextrakte und so, sind nicht gestattet. Darum halten wir uns streng an die traditionellen Herstellungs- und Reife­methoden.

Kann man Master Blender lernen oder muss man dazu geboren sein?

Die sensorischen Skills sind angeboren, man muss sie mitbringen. Mit unseren Studenten machen wir zuerst ganz einfache Tests: Schmecken sie süss, sauer, bitter, salzig? Das ist für viele gar nicht so einfach und die Leute, die es können, testen wir dann mit verschiedenen Aromen, ob sie diese in der Nase unterscheiden können. Ich hatte das Glück, eine gute Nase geschenkt bekommen zu haben. Einen hervorragenden Rum zu machen, ist aber Kunst und Wissenschaft.

Sie haben lange Erfahrung in Ihrem Beruf – was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Ich arbeite seit 36 Jahren bei Appleton Estate, das ist schon eine lange Zeit. Vieles wurde modernisiert während dieser Jahre: in der Produktion, im Labor, überall. Das Wissen über die Prozesse hat zugenommen. Und was am meisten auffällt: Die Nachfrage nach Premium-Rum wird grösser. Analog zu Whisky und Bourbon zum Beispiel: Die Menschen wollen elegante Cocktails und legen mehr Wert auf hochwertigen Rum – kleine, feine Abfüllungen, die man auch sammeln kann.

Würden Sie Appleton Rum in einer Blinddegustation erkennen und wenn ja, woran?

Aber sicher würde ich meinen Rum erkennen. Das unvergleichliche Aroma – besonders sind für Appleton ja die Orangenoten, die würde ich immer und überall erkennen.

Was sind die wichtigsten Faktoren für die Qualität eines Rums?

Es braucht verschiedene Elemente: einerseits das geeignete Land für die Zuckerrohrpflanzen, das Terroir wie auch beim Wein, das gute Wasser, das Know-how der Spezialisten, die richtigen Geräte und Stills sowie die richtigen Fässer, bei uns immer aus derselben amerikanische Eiche, die im richtigen Klima gelagert werden müssen – und andererseits die Skills der Master Blender natürlich.

Der Standort der Lager: Wie wirkt sich dieser auf die Reifung aus?

In unserem tropischen jamaikanischen Klima reift der Rum dreimal so schnell wie zum Beispiel der Whisky in Schottland. Eine Ursache sind die Wärme und die Feuchtigkeit, am wichtigsten aber sind die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht.

Sehen Sie eine Zukunft für eine nachhaltige Produktion?

Appleton Estate hat schon einige Initiativen für nachhaltige Produktion ergriffen: Rauchfilter – aus unseren Kaminen entweicht nur Dampf – energiesparende Heizmethoden und biologische Fermente für die Zuckerrohrgärung. Wir haben schon viel getan und werden uns weiter für nachhaltige Produktion einsetzen.

Eine Ihrer eindrücklichsten Erinnerungen?

Einmal bin ich in Neuseeland mit dem Helikopter am Filmset von Herr der Ringe gelandet. Und dort haben nach dem Dreh alle Appleton getrunken. Das war wirklich eine Überraschung für mich.

Welchen Rumstil vertritt Appleton, und wie finden Sie diesen?

Wir stellen einen Rum her mit einem reichen, vollen Körper, der an alle Kategorien von Spirituosen angelehnt ist, an Whisky, Cognac, Bourbon . . . Personen, die diese gern haben, werden auch Appleton mögen. Ich gestalte die Blends, wie ich sie am besten finde, und freue mich, sie mit der Welt zu teilen. Es ist eine schöne Erfahrung, positive Feedbacks zu bekommen.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Non-Age-Statement-Produkte? In der Whisky-Welt nehmen diese ja zu. Kommt es beim Rum auch soweit?

Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, es wird immer altersmässig deklarierte und nichtdeklarierte Rums geben. Jeder muss wissen, wofür er sich entscheiden will. Wir bei Appleton Estate haben das Glück, dass wir alte Rums in grossen Mengen gelagert haben.

Was können wir Schweizer für Jamaika tun?

Sie können gerne mehr Schokolade schicken. Ich liebe schwarze Schokolade mit Nüssen zum Rum.

Unvergleichliches Aroma: Traditionelle Herstellungs- und Reifemethoden, das tropische Klima Jamaikas sowie die Skills der Master Blenderin selbst verleihen dem Appleton Rum seine Einzigartigkeit.